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Feste
und Feiern haben an der Sophienschule immer einen einen hohen Stellenwert
gehabt, zumal es für Feste die unterschiedlichsten Anlässe gab,
die aber teilweise für uns heute nicht mehr nachvollziehbar sind und
uns deutlich machen, wie sehr sich die Zeit innerhalb von 100 Jahre Sophienschule
verändert hat.
Natürlich
gab es auch früher Anlässe, die durch das Schulleben selbst gegeben
waren, also etwa die Einweihung des neuen Schulgebäudes am 23.4.1900
oder die Entlassung von Schülerinnen nach dem Abitur. Aber es gab
auch viele Feiern mit einem Bezug zum öffentlichen Leben wie z.B.
anlässlich der Silbernen Hochzeit des Kaiserpaares am 27.2.1906 oder
des 25-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Wilhelm II. In der
Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum der Schule heißt es,
dass die Schulfeiern und Schulandachten auf die „große Zeit und ihre
Ereignisse abgestimmt“ gewesen seien. Die Chronik verzeichne 20-mal „siegesfrei“,
verbunden mit einer kurzen vaterländischen Feier. „Der letzte Ausklang
dieser Zeit war der Einzug Hindenburgs bei seiner Rückkehr aus dem
Felde am 4. Juli 1919, dem zu Ehren die Schule geschlossen und somit den
Kindern Gelegenheit gegeben wurde, diesen geschichtlich denkwürdigen
Augenblick mitzuerleben und ihrer Verehrung für den großen Heerführer
beredten Ausdruck zu verleihen.
Auch
geschichtliche Ereignisse der Vergangenheit wurden mit Feiern bedacht,
so etwa am 18.1.1901 anlässlich der Erhebung Preußens zum Königreiche,
am 10.3.1913 anlässlich der Erhebung Preußens gegen Napoleon
oder am 18.10.1913 zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig.
Sogar das Auftreten Luthers in Worms war am 17.4.1921 eine Feier wert,
und auch den Lebensdaten unserer großen Dichter und Denker wie Goethe
und Schiller wurde eine Feier gewidmet.
Die
starke Nähe der Schule zum öffentlichen, politischen Leben wird
von uns, die wir in einer pluralistischen Gesellschaft aufwachsen sind,
heute ganz unterschiedlich bewertet, auf jeden Fall wurde aber damit eine
Tradition geschaffen, die es später in der NS-Zeit erlaubte, Zugriff
auf das öffentliche Leben der Schule zu bekommen.
Außer
dem politischen Leben war auch die christliche Prägung eine wichtige
Komponente für die Feiern in der Sophienschule. In einem Zeitungsbericht
über die 25-Jahr-Feier der Sophienschule lesen wir: „Um 10.00 Uhr
begann der Festakt. Bachs große g-Moll Symphonie, von Herrn Meinberg
auf der Orgel meisterhaft vor-getragen, leitete stimmungsvoll die Feier
ein. Dann erscholl in festlichen Klängen, vom Schulchor gesungen,
,Die Ehre Gottes in der Natur’ von Beethoven. Nach ver-schiedenen Reden
erklingt der Chorgesang: ,Wo Gott im Haus nicht gibt sein Gunst’ und das
gemeinsam gesungne Lied: ,Hilf ferner hin mein treuer Hort’.“
Und
über das 50-jährige Jubiläum wird in den „Neuen Grüßen“
berichtet: „Die voll tönenden Glocken der Dreifaltigkeitskirche läuten
das Jubiläum der Sophienschule ein. Mit der „Dorischen Toccata“ von
Bach beginnt die Musik. Gemeindelieder wech-seln ab mit einer Kantate von
Bach: „Gott der Herr ist Sonnen und Schild“. Die Predigt hält Hr.
Superintendent Laasch unter Zugrundelegung des Psalmwortes „Fülle
uns frühe mit Deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich
sein unser Leben lang“ (Psalm 90, 14). Auf das „Nun danket alle Gott“ folgen
Gebet und Segen und wieder Chor und Orchester mit dem Halleluja von Händel.
Mit Präludium und Fuge C-Dur von Bach klingt die Feierstunde aus.“
Andere
Anlässe waren rein geselliger Art. Dazu gehörten die Schulfeste,
die alljährlich im Hochsommer von 1899 – 1913 und dann wieder 1921
im Tiergarten stattgefunden haben. Diese Tradition wurde 1992 übernommen
von der Swinging Sophie, die traditionell vor den Sommerferien auf dem
Schulhof und den Räumlichkeiten der Sophienschule stattfindet, ein
Fest, das Lehrer und Schüler, Elternschaft und Ehemalige in gleicher
Weise miteinander verbindet.
Seit
1901 gibt es Schulkonzerte an der Sophienschule, eine Tradition, die bis
heute in Form der Sommer- und der Weihnachtskonzerte besteht.
Zu
dem Wandel der Anlässe kommt in den 100 Jahren Sophienschule ein Wandel
in der Gestaltung der Feiern überhaupt. Man vergleiche etwa den festlichen
Nachmittag anlässlich der Einweihung der Sophienschule im Jahre 1900,
der mittels einer „Festordnung“ angekündigt wird. Darin werden „Aufführungen
von Reigen“ angekündigt, die Sitzordnung wird reglementiert, indem
den Eltern die Plätze im unteren Saal, den Schülerinnen der obere
Balkon zugewiesen wird. Ausdrücklich ausgeschlossen von der Veranstaltung
sind „Schülerinnen anderer Schulen, Knaben und junge Herren“. In einem
Bericht über diese Veranstaltung heißt es: „Der Nachmittag des
folgenden Tages gehörte den Kindern. Mit selbstloser Hingabe hatte
die Turnleh-rerin Frl. Lamprecht viele Wochen der Einübung von allerliebsten
Reigen gewidmet. Jetzt sollten die Schülerinnen unter den Augen ihrer
Eltern und Verwandten die erlernten Künste zeigen. In dem stattlichen
Tivoli-Festsaale saßen dicht gedrängt die Zuschauer, während
Klasse auf Klasse, jede in ein neues, doch in sich einheitlich gekleidetes
Kostüm gekleidet, die anmutigen Reigentänze in mustergültiger
Weise ausführte, ein Anblick, der Eltern und Kinder reichlich für
die aufgewandten Kosten und Mühen entschädigte.“
Auch
bei dem festlichen Nachmittag in der Niedersachsenhalle anlässlich
des
50-jährigen
Jubiläums ist der Anteil sportlicher Beiträge noch erheblich.
Hier ein Bericht aus den „Neuen Grüßen“ vom Oktober 1950: „Fast
alle Klassen trugen zur Verschönerung des Nachmittages bei. Zuerst
hießen die Kleinen mit ein paar Volksliedern die Eltern willkommen,
dann sorgte ein gemeinsamer Gesang des Chores und der Eltern dafür,
dass sich auch der stillste Teilnehmer in der Schulgemein-schaft der Sophienschule
wohl fühlte. Dann kamen aber auch die Vorführungen der Turnerinnen
zu ihrem Rechte. Wieder waren es die Kleinen, die den Reigen mit Handstand
und Radschlagen eröffneten. Sie wurden von den Größeren
abgelöst, die Keulenübungen und Volkstänze vorführten.
Zum Abschluss sang der große Chor unter der Leitung von Herrn Meinberg
einige Volkslieder und ließ damit für die jüngeren Teilnehmerinnen
das Fest ausklingen.“
Auch
in den 50er Jahren war Tanz Bestandteil des Schullebens. Wenn die Schülerinnen
sich zur Tanzstunde anmeldeten, dann taten sie es klassenweise. Und wenn
der Abschlussball nahte, dann wurde dazu das Lehrerkollegium eingeladen,
das auch erschien und damit den Ball in den Rang einer Schulveranstaltung
erhob.
Ganz
anders liest sich der Bericht über eine Tanzveranstaltung im Kuppelsaal
im Jahre 1998: „Nach einigen kurzen Ansprachen ertönte die dufte Tanzmusik
der Band ,Simply Ballroom’. Es gab zwei Verschnaufpausen für Band
und Tänzer, in denen das Hossa-Hossa-Showprogramm für noch mehr
gute Laune sorgte. Später bekamen wir noch eine Darbietung der ganz
besonderen Art zu sehen: Das Carinio Phantasietheater verzaubert die Zuschauer
mit einer Kombination von Tanz, Licht-show und guter Musik. Appetitlich
drapierte Leckereien verlockten die Partygäste zu einem kleinen Snack.
Ob Schlager, Techno oder Charts – zunächst wurden Krawatten gelockert.
Auch Strumpfhosen und oberflüssige Oberteile gesellten sich später
dazu. So hatte noch keiner von uns den Kuppelsaal erlebt. ,Es war sooooo
geil!’“
Auch
die Abiturientenentlassungsfeiern haben sich verändert. Schon 1986
schreibt Frau Asbahr, langjährige Musikerzieherin der Sophienschule,
in den „Grüßen“, dass sich Inhalt und Form dieser Entlassungen
sehr weit von dem früheren „feierlichen“ Charakter entfernt habe.
Es entstand hier, zeitbedingt, ein Frei-Raum, der von den Schülerinnen
und Schülern zunehmend genutzt wurde, nicht im Sinne einer gnaden-losen
Abrechnung mit der Schule, sondern kreativ und in dem Bemühen, leere
Wort-hülsen zu vermeiden oder sie wenigstens als solche erkennen zu
lassen. So sind sehr viele geistvolle Produkte entstanden, von denen hier
das Schmerzgedicht I „An Eiphos Blume“ aus der Abiturientenentlassungsfeier
des Jahres 1986 angeführt sei:
Oh,
du Geliebte unserer n x 5 Sinne, wir lieben Dir!
Du,
Deiner, Dich, Dir, ich mir, WIR?
Lernten
wir?
Das
gehört beiläufig nicht hierher,
Wer
sind wir, ungezählte Frauenzimmer?
Wir
sind ........ sind wir?
Die
Lehrer sagen, wir wären, -
Lasst
sie sagen, sie wissen nicht, wann die Stunde schlägt.
Du
trugst uns durch die Jahre,
doch
manche fielen durch deine Hände, durch die Punkte fielen sie
Hallo,
Deine dreckig rosa Steine,
in
drei Blöcke zersägt.
Rosa
lieben wir, eiphos Blume,
rein
rosa täten wir lieben dir,
Du
Deiner, Dich, Du, ich Du mir,
wir?
Das gehört beiläufig auch zu Dir,
Rosa
Blume, rosa Eiphos – Blume, wie sagen die Leute
Preisfrage:
erstens:
nicht für die Schule, nein, fürs Leben lernen wir
zweitens:
Man lernt nur so viel, wie man aus dem Lehrer herausholt
drittens,
was lernten wir?
Silber
ist die Farbe Deines gepuderten Haares
Schrill
ist die Stimme Deinesanften Gonges
Du
schlichtes Mädchen im Alltagskleid – du lieberosa Gier – wir lieben
Dir
Du,
Deiner, Dich , Dir, ich Dir, Du mir
Siegten
wir?
Das
gehört beiläufig in das Abitur.
Eiphos
Blume, eiphos, e-i-p-h-o-s
Wir
träufeln Deinen Namen, Dein Name tropft-t-t wie weiße Kreide
Weißt
Du es eiphos, weißt Du es schon?
Man
kann Dich auch von hinten lesen „s – o – p – h – i – e“
Doch,
Du Herrlichste von allen, Du bist von hinten wie von vorne
–
m i t t e l m ä ß i g –
Kreide
träufelt lieblich in die Hirne,
Sophie
Blume, Du holdes Tier, wir lieben Dir!
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