ABITURREDE 1996 
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Abiturrede 1996
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  Liebe Lehrer, sehr geehrter Herr Apel, liebe Eltern, liebe Mitschüler, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Dreizehn Jahre sind eine lange Zeit – wie lange überhaupt?

In 13 Jahren kann man dreimal olympische Sommerspiele abhalten, zwei Studiengänge hinter sich bringen, vier Ausbildungsberufe erlernen, sechsmal heiraten und sich scheiden lassen, dabei 15 Kinder in die Welt setzen, bei 700 Lottoziehungen Millionen gewinnen, ein paar tausend Mal per Flugzeug die Erde umrunden, 1.170.000 Mark als Lehrer verdienen – brutto versteht sich – und 1,4 Mio. Fünf-Minuten-Eier kochen, oder ... man kann zur Schule gehen!

Davon dann mindestens sieben Jahre auf die Sophie. Das beinhaltet natürlich fünfmal nach Hambühren zu fahren, und das bedeutet 75-mal hm ... Landheimessen! Könnte schwören, es wär’n mehr gewesen!

Außerdem haben wir auf der Sophie jeder rund 300 Arbeiten bzw. Klausuren geschrieben. Dazu benötigten wir jeweils insgesamt 428 Schulstunden, das sind zwei Wochen durcharbeiten, 14 Tage und Nächte ohne zu schlafen, ohne zu essen – das hätten wir also auch schneller haben können!

Dabei gestärkt haben uns stets Kakao und Kinderriegel – an die 1000 Stück pro Person, was bei unserem ganzen Jahrgang für Herrn Chust wohl insgesamt einige 10.000 DM Umsatz bedeutet haben mag. Genauso begleitet hat uns 28.000-mal der Gong – davon waren 14.000-mal zur Pause ...! Die melodischen 168.000 Töne werden wir vermissen.

Und vielleicht werden wir noch manches andere vermissen, auch wenn die meisten wohl erst einmal froh sind, dass alles vorbei ist und sie am Ausgang des schulischen Labyrinths angekommen sind, in dem der eine oder andere vielleicht auch mal angeeckt ist und einen einjährigen Umweg nahm. Nun steht man aber nicht nur in der Freiheit, sondern zugleich im größeren Labyrinth dessen, was sich Leben nennt. Viele Wege kann man einschlagen, und nun sind Entscheidungen gefragt, die viel mehr uns selbst überlassen sind, als sie das bisher waren. Sind wir doch den Weg durch 13 Jahre Schule meist an der Hand von Eltern, Lehrern und den Leitlinien des Kultusministeriums gegangen.

Dachten wir in der elften Klasse noch, die LK-Wahl wäre ein alles entscheidender Schritt, so dämmert uns doch jetzt, wieviel schwerwiegender und daher schwieriger die Wahl des für einen selbst „richtigen“ Studienfaches oder der Ausbildungsstelle ist.

Bekomme ich den Studienplatz, den ich mir wünsche? Welche Berufe stehen mir offen? Ist das, was mir vorschwebt, eigentlich das Richtige für mich? Werde ich überhaupt eine Chance auf eine Anstellung haben? Und haben diese letzten drei Jahre Schule den entscheidenden Vorteil gebracht? – All das sind Fragen, die jeden einzelnen von uns wohl schon seit Monaten beschäftigen und auch weiter beschäftigen werden, wenn auch vielleicht nicht gerade jetzt oder am heutigen Abend, so doch sicherlich in den nächsten Tagen und Wochen.

Einigen von uns, vornehmlich den männlichen Mitgliedern unseres Jahrganges, bleibt jedoch zuvor noch bei der Bundeswehr, beim Zivildienst oder während eines sozialen Jahres Zeit, Erfahrungen zu sammeln, und Gelegenheit, sich selbst besser kennenzulernen, um so die Entscheidung in beruflicher Hinsicht treffen zu können, indem sie einmal etwas ganz anderes erleben als Schule.

Denn mitunter wird mancher feststellen müssen, dass ihn Schule nicht immer auf all das hat vorbereiten können, was ihn nun erwartet. Zumindest in der Theorie sind wir zwar nun der Meinung, uns einen guten Grundstock erarbeitet zu haben. Aber es wird sich zeigen, inwieweit wir ebenfalls das nötige Quantum an Selbständigkeit erlernt haben; und auch in der Praxis werden wir noch lange nicht ausgelernt haben – vielleicht auch gerade, was das Zwischenmenschliche anbetrifft, blieb es doch bisher zumeist auf den – nicht immer geglückten – Selbstversuch im Jahrgang beschränkt.

Einen weiteren Prüfstein bedeutet in den nächsten Wochen oder Monaten für manche der Auszug aus dem Elternhaus, das Verlassen der vertrauten Umgebung, vieler Freunde. Gleichzeitig birgt die Zukunft aber auch die Möglichkeit, sich an neuer Stelle zu bewähren, neue Freunde zu finden, sowie mit etwas Glück und allem, was dazu gehört, immer wieder neue Labyrinthe für sich zu erschließen. Und vielleicht erblickt man an der einen oder anderen Weggabelung ein bekanntes Gesicht.

Und dazu zählen bestimmt auch die Personen, mit denen wir in unserer Schulzeit Kontakt hatten, zum Teil weit über den normalen Unterricht hinaus:

Lehrer, die sich mit uns in AGs engagiert haben, uns als Studienfahrer ausgehalten haben, diverse Kurstreffen mitgestalteten und uns manchmal gar Einblicke in ihr Heim gewährten. Manche Tutoren, die uns neben dem Weg durch das Labyrinth 
der Oberstufenrichtlinien auch persönlich zur Seite gestanden haben, waren mehr als nur unsere Lehrer. Für alle verantwortlich fühlte sich stets Herr Hoppe, unser Jahrgangskoordinator, dem wir an dieser Stelle recht herzlich danken wollen. Er konnte – genauso wie wir – stets mit der Hilfe von Frau Kahl und Herrn Amtsfeld, den Schulassistenten, und von Frau Erckens und Frau Übel rechnen.

Hilfsbereit, stets gut gelaunt, immer ein offenes Ohr für Schülerprobleme, „ein flotter Rhyme zur Pausentime“ – für all das bedanken wir uns sehr herzlich beim Ehepaar Chust.

Schließlich wollen wir uns – und wir hoffen, im Namen unseres ganzen Jahrgangs – noch bei denjenigen Mitgliedern unseres Jahrgangs bedanken, die immer da waren, wenn es darum ging, für gemeinschaftliche Aktionen Engagement zu zeigen oder einfach nur mit anzupacken.

Zu guter Letzt lässt sich mit Sicherheit sagen, dass es für uns alle sinnvoller war, die letzten 13 Jahre mit Schule zu verbringen, denn was ist schon so interessant daran, mehrere tausend Mal um die Erde zu fliegen, und wer will schon 1,4 Mio. Fünf-Minuten-Eier essen?

Sarita Batra, Angelika Finke, Meike Große, Rolf Hellermann

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