Nachhaltiges
fürs Studium
aus sieben Jahren Sophie |
Als
ich Mitte der siebten Klasse von einem hessischen Kreisgymnasium auf die
Sophienschule wechselte, war das ein kleiner Schock. Da bröselte der
Putz von den Wänden, das Mobiliar in den Klassenzimmern glich einem
Sammelsurium aus verschiedenen Jahrzehnten, und auch die Disziplin in manchen
Unterrichtsstunden war mit anderen Maßstäben zu messen, als
ich das bisher gewohnt war. Doch die Lehrer hatten ein wenn auch nur mehr
oder minder wirksames Mittel dagegen: Die betreffenden Schüler wurden
vor die Tür gesetzt. Auch das hatte ich bis dahin nicht erlebt. Mittlerweile
ist das fast 10 Jahre her, und so wie sich die Sophie mir damals präsentierte,
ist es nicht geblieben. Ganz im Gegenteil; von Jahr zu Jahr habe ich mich
an der Sophienschule und in meinem Jahrgang wohler gefühlt, bis diese
Zeit schließlich 1996 mit dem Abitur zu Ende war.
Als
wir damals zusammensaßen und unsere Abiturrede schrieben, fragten
wir uns, was die nächste Zeit mit sich bringen würde. Welche
Erfahrungen würden uns erwarten, wie würde es uns ergehen? Mittlerweile
hat jeder von uns auf diese Fragen eine erste ganz persönliche Antwort
gefunden und erlebt. Für mich war das vergangene Jahr dabei ein ganz
besonders erlebnisreiches. Nach dem Vordiplom an meiner deutschen Hochschule
habe ich zunächst das Frühjahrssemester an der University of
Southern California (USC) in Los Angeles verbracht. Los Angeles ist zugegebenermaßen
eine Stadt, an die man sich erst einmal gewöhnen muß. Doch dann
ist sie ein echtes Erlebnis. Vor allem aber das Studium in einem amerikanischen
MBA-Programm war eine tolle Erfahrung, zwar einerseits arbeitsintensiv,
aber andererseits äußerst lehrreich und spannend.
Im
Anschluß an dieses Semester am Pazifik habe ich den Sommer über
ein Praktikum bei einem Medienkonzern in New York gemacht. Das Herbstsemester
habe ich schließlich in Nancy/Frankreich verbracht. Während
der erste Teil des Jahres in den USA – neben Sight-Seeing selbstverständlich
– eher Arbeit bedeutet hatte, war Frankreich ein echtes Vergnügen.
Der Arbeits- und Zeitaufwand der Kurse an der Uni hielt sich in Grenzen,
doch dieses Manko machten die Franzosen in Sachen Studentenleben wieder
wett. Was es wirklich zu lernen gab, war natürlich Französisch.
Wenn
ich im Nachhinein an meine Schulzeit zurückdenke und mir überlege,
was von dem dort Gelernten für das Gelingen der letzten Monaten von
besonderer
Bedeutung
war, so fallen mir zuallererst die Sprachen ein. Schon beim Studium
in
Deutschland ist an meiner Universität und für mein Studienfach,
BWL, Englisch unumgänglich. Ein bedeutender Teil der Fachliteratur
und Zeitschriften ist in Englisch verfaßt, ebenso werden manche Vorträge
und Vorlesungen auf Englisch gehalten. Für das Studium in den USA
gilt das natürlich sowieso. Zum Lesen, Verstehen und auch für
diverse (Sprach-) Tests wie den TOEFL oder den GMAT – den Studierfähig-keitstest
der amerikanischen Business Schools – war das in der Schule erlernte Eng-lisch
eine sehr gute Grundlage; auch wenn bei mir der Eindruck geblieben ist,
dass die Qualität des Englischunterrichts an der Sophienschule sehr
stark mit dem unterrichtenden Lehrer variiert. Solche Dinge wie Small Talk
oder flüssigen Schreibstil, sei es für informelle E-Mails oder
mehrseitige Papers, lernt man natürlich am besten vor Ort.
Auch
eine zweite lebende Fremdsprache zu beherrschen war für mich nach
dem Abitur von großem Wert, stellte dies doch eine Zugangsvoraussetzung
für meinen Studiengang dar und ermöglichte es mir, in zwei unterschiedlichen
Sprach- und Kulturräumen Auslandserfahrungen zu sammeln – vielleicht
besonders bei einem Massenstudiengang wie BWL eine gute Möglichkeit,
sich von den über hunderttausend Mitstudenten abzusetzen. Gerade für
den Fall, dass man an der Sophienschule Latein als erste oder zweite Fremdsprache
gelernt hat, halte ich es für wichtig und sinnvoll, sich die Chance
nicht entgehen zu lassen, eine weitere lebende Sprache zu erlernen, sei
es Französisch oder Spanisch. So einfach, entspannt und ohne viel
zusätzlichen Aufwand wie während der Schulzeit ist dies später
kaum noch möglich. Insofern bin ich auch froh, nicht auf einem altsprachlichen
Gymnasium, sondern auf der Sophienschule gewesen zu sein.
Auf
fachlicher Seite gibt es neben diesen sprachlichen Fertigkeiten – muttersprachliche
mit eingeschlossen – noch andere Dinge, die man aus der Schule mit ins
Studium nehmen sollte. Für mein Studienfach wiederum ist zunächst
einmal Mathematik zu nennen, daneben aber auch ein breites Allgemeinwissen
z.B. über technische Dinge, die in den naturwissenschaftlichen Fächern
angerissen wurden, sowie über Geschichte und Gesellschaft. Doch neben
diesen fachlichen Dingen gibt es eine Seite, deren Beherrschen meines Erachtens
noch viel ausschlaggebender für den eigenen Studienerfolg sein kann:
das Lernen zu lernen. Die dazu notwendigen Techniken und die Disziplin
kann man sich in der Schule aneignen, auch wenn dies nicht zwangsläufig
geschieht. Doch vielleicht ist es für den einen oder anderen hilfreich,
der aus Schülersicht oft nicht enden wollenden Schulzeit und dem mit
als unnötig erachteten Dingen vollgestopften Stundenplan auf diese
Art und Weise einen, wenn auch vielleicht nicht tieferen, so doch einen
persönlichen und unmittelbaren Sinn abzugewinnen. Für mich selbst
jedenfalls war meine Schul-zeit an der Sophienschule eine Grundlage, die
sich bisher als gut und solide erwiesen hat.
Rolf
Hellermann
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