"Gibt
es unsere Bilder noch?"
- so fragen viele Ehemalige. |
Ja,
sie hängen für alle sichtbar in den Fluren der Schule und tragen
wesentlich zur Atmosphäre bei. Glücklicherweise sind die Gemälde
allen Rangeleien zum Trotz noch bzw. wieder in einem gepflegten Zustand.
Natürlich hatten die Bilder im
Laufe der Jahre manche Delle,
Risse und viel Schmutz abbekommen. Selbst ein Kaugummi klebte auf Sophies
Busen (s. HAZ vom 22.8.96). Eine Sanierung war not-wendig. Die Bilder werden
als Inventar der Stadt geführt, aber Geld zur Restaurierung war leider
nicht vorhanden. So blieb nur der Weg der Sammlung bzw. die Suche nach
Sponsoren. Sie wurden unter den ehemaligen Sophienschülerinnen, z.B.
Frau Appuhn, gefunden, und der Bund der Ehemaligen sowie die Eltern und
Freunde der Sophienschule beteiligten sich. Bei einem Vortrag, den die
Leibniz-Expertin Frau Dr. Utermöhlen vor dem Gemälde im 1. Stock
im August 1996 hielt, wurde gesammelt. Auch die Volksbank Hannover stellte
einen großen Betrag zur Verfügung und stellte anschließend
eine Postkarte vom Gemälde im 3. Stock her, die in den Filialen auslag.
Schließlich steuerte der Restaurator, Herr Furmanek, der zum Glück
in unserer Nachbarschaft wohnt, sein Fachwissen und den Rest des Geldes
bei.
Das große Gemälde
(2,66 x 3,72 m) im 1. Stock wurde 1899 von Otto Dieckmann gemalt. Der Maler
ist nicht weiter bekannt. Unter Umständen handelt es sich um Georg
Dieckmann, der von 1907-1932 in Hannover Lehrer an der Kunstgewerbe- schule
war. Er scheint es der Schule geschenkt zu haben.
Dargestellt ist die Hofgesellschaft
im Herrenhäuser Garten mit dem Schloss im Hintergrund. Kurfürstin
Sophie sitzt auf einer Bank, neben ihr – mit jetzt wieder rotglänzender
Weste – der erstgeborene Sohn Georg Ludwig, der spätere König
Georg I von England. Sehnlichst hatte sich Sophie gewünscht, selbst
den englischen Thron besteigen zu können, der ihr als „evangelischer
Stuart“ zugefallen wäre. Leider starb sie sechs Wochen vor der Thronbesteigung.
Neben ihr ist ihre einzige Tochter Sophie Charlotte zu sehen, die dann
nach Berlin heiratete, Königin „in“ und dann „von“ Preußen wurde,
das Schloss Charlottenburg errichten ließ und schließlich Großmutter
des „Alten Fritz“ wurde. Vor ihnen steht Gottfried Wilhelm Leibniz, der
in Hannover, beauftragt von Herzog Johann Friedrich, eigentlich die Geschichte
des Welfenhauses schreiben sollte, diese Aufgabe aber nie zu Ende führte,
da er zu viele andere Interessen hatte. Noch heute quälen sich Sophien-
schülerinnen und -schüler mit seiner Infinitesimalrechnung. Er
hatte noch weitere wegweisende Gedanken und gilt als letzter Universalgelehrter.
Das Bild wurde im Sommer
1996 restauriert. Dabei half eine Sophienschülerin, damals frisch
gebackene Abiturientin, Dorothee von Elsner, während ihrer Ferien
mit. Wegen seiner Größe konnte das Bild nur vor Ort saniert
werden. Bei der Arbeit lernte sie, dass Wattestäbchen mit Spucke getränkt
die besten Reinigungsgeräte sind.
Das Bild im 3. Stock ist
kleiner (2,06 x 2,50 m). Es war völlig dunkel geworden. 1997 kam es
zur „Kur“ zu unserem Restaurator. Heute sieht man wieder die Farben und
erkennt die Tapete des Orangeriegebäudes in Herrenhausen im Hintergrund.
Das Bild zeigt Sophie, Sophie-Charlotte und Leibniz im Gespräch, beides
große Gönnerinnen und begeisterte Gesprächspartnerinnen
dieses gebildeten Mannes.
Beim Abnehmen des Rahmens
stellte sich heraus, dass das Bild von Georg Laves (1825-1907), dem ältesten
Sohn des Hofarchitekten und bedeutendsten Baumei-
sters Hannovers, Georg Ludwig
Friedrich Laves, gemalt worden war. Dieser hatte das Bild offenbar zur
Einweihung des Schulgebäudes im Jahr 1900 an die Schule geschenkt.
Die Schülerinnen sollten dadurch zu ständigem Bildungsstreben
animiert werden. 1855 hatte Georg Ludwig seinem Sohn, der als Historienmaler
galt, im Gemüsegarten seines Privathauses, das noch heute am Friedrichswall
5 steht und jetzt die Architektenkammer beherbergt, ein Maleratelier bauen
lassen. Im Goethe-jahr 1999 sollte man auch erwähnen, dass der Architekt
Laves Neffe von Johann Christian Kestner war, der Charlotte Buff aus Wetzlar
geheiratet hat; wie bekannt, ist dies die „Lotte“, in die sich Goethe einige
Jahre zuvor verliebt hatte und der er in den „Leiden des jungen Werther“
ein literarisches Denkmal gesetzt hat.
Die Restaurierung dieses
Bildes wurde in der hannoverschen Presse im Dezember 1996 gebührend
gewürdigt. Zur Ausstellung anlässlich des 300-jährigen Bestehens
des Charlottenburger Schlosses wurde das Bild im November 1999 nach Berlin
verliehen.
Vor 11 Jahren entdeckte unser
damaliger Direktor, Herr Springer, ein eingerolltes Ölgemälde
unbekannter Herkunft, vielleicht die Spende einer Ehemaligen. Es zeigt
offenbar ein Mitglied des Welfenhauses, aber zunächst war nicht klar,
wen. Besuche im Historischen Museum und Gespräche mit dem damaligen
Museums-
direktor, Herrn Röhrbein,
bestätigten die Vermutung, dass es sich dabei um die Enkelin unserer
Sophie, Sophie-Dorothea, handelt. Sie ist die bildhübsche Tochter
von Georg I und seiner unglücklichen Frau, der Prinzessin von Ahlden.
(Über die „Königsmarck-Affäre“ kann man übrigens viel
in dem Buch über „Kurfürstin Sophie“ von Mathilde Knoop erfahren,
in dem auch Briefe von Sophie verarbeitet worden sind). Sophie Dorothea,
die ohne Mutter groß geworden war, hat auch später als Frau
ihres Cousin, des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I in Berlin, und
als Mutter von Friedrich dem Großen kein sehr glückliches Leben
geführt. Wenn es um Ruhm und Ehre des Welfenhauses ging, durfte persönliches
Glück keine Rolle spielen. „Unsere“ Sophie selbst hatte ja auch manches
erdulden müssen. Sophie Dorotheas Bild hängt jetzt im 2. Stock
über dem Eingang zur Aula. Es ist mit viel Liebe von der Restauratorin
des Sprengelmuseums, Frau Reuter, aufgearbeitet worden. Der Bund der Ehemaligen
trug dankenswerterweise auch hier wieder die Kosten. Der Maler ist nicht
bekannt.
Übrigens werden der
Bund der Ehemaligen, einige Ehemalige sowie Herr Furmanek zum 100. Geburtstag
des Gebäudes erneut aktiv. Die Büste der Sophie über dem
Eingang wird soll gereinigt und ihr Krönchen neu vergoldet.
Karin Neugebauer
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